Politiken des Zölibatären: zwischen rechter Gewalt und linkem Widerstand
Leipziger Buchmesse 2025
Forum Sachbuch
Halle 2, Stand C505
Kein Dating, kein heterosexueller Sex, keine Ehe, keine Mutterschaft – so lauten die vier Absagen der südkoreanischen 4B-Bewegung, der sich seit der Wahl Trumps auch immer mehr US-Amerikaner*innen anschließen. Sexstreik oder Zölibat als politische Identität, losgelöst von religiösen Konnotationen, ist als feministische Widerstandsform bereits in der antiken Komödie Lysistrata und in den Frauenbewegungen seit ihrer ersten Welle erprobt. Heute erhält diese heteropessimistische Strategie neue Aufmerksamkeit. Jedoch ist es erklärungsbedürftig, wie sich unterschiedliche Enthaltsamkeitsdiskurse jeweils politisch einordnen lassen. Schließlich sind zölibatäre Entwürfen ebenso ein Kernstück puritanischer, konservativer und antifeministischer Ideale. Abstinenzorientierte Erziehung gilt beispielsweise als repressive Strategie der Rechten. In Trends wie NoFap, in denen Pornografie und Masturbation entsagt wird, äußert sich bisweilen der Versuch, Status und hegemoniale Männlichkeit durch selbstdisziplinierende Affektbeherrschung herzustellen. Nicht zuletzt erhielt der Begriff des Zölibatären mediale Aufmerksamkeit durch misogyne Gewalt- und Terrorakte, verübt durch selbsternannte Involuntary Celibates – kurz Incels.
Wie ist es um den ambivalenten Stellenwert des Sexuellen und Nichtsexuellen in unserer Gesellschaft bestellt? Wie um die Bedeutung der romantischen Liebesbeziehung im Vergleich zu Freund*innenschaften oder ganz anderen Relationen, die über die Privilegierung bürgerlicher, weißer, patriarchaler und heteronormativer Bestrebungen hinausgehen?
In der Paneldiskussion werden Sortier- und Definitionsversuche unternommen, um vorschnelle Gleichsetzungen der verschiedenen Phänomene zu verhindern und Ausschau nach neuen Beziehungsweisen zu halten.